Thuner Wirtschaftsverbände: Beschwerde soll für Klarheit sorgen
Mehrfach haben die beiden Thuner Wirtschaftsverbände seit Anfang Februar 2022 bei der Stadt bezüglich der neuen Strom-Förderabgabe interveniert – leider vergeblich. Nach dem Entscheid des Stadtrats, welcher das Reglement am 17. Februar 2022 verabschiedet hat, sind die Verbände zweigleisig gefahren: Zum einen wurden Unterschriften für ein Referendum gesammelt, damit das Thuner Stimmvolk über das Reglement entscheiden kann. Zum anderen liessen die zwei Verbände parallel prüfen, ob die Zusatzeinnahme auf Strom wirklich eine Abgabe und nicht eine verdeckte
Steuer ist. Die juristische Abklärung des Reglements über die Spezialfinanzierung Förderprogramm Energieeffizienz hat nun die Auffassung der Wirtschaftsverbände bestätigt, dass es sich im vorliegenden Fall tatsächlich um eine Zwecksteuer handelt. Käme es also im Herbst dieses Jahres in Thun zu einer Volksabstimmung, könnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger lediglich Ja oder Nein zum vorliegenden, rechtswidrigen Reglement sagen – das Problem der zusätzlichen Strom-Steuer wäre nicht gelöst. Im Fall Thun handelt es sich laut Juristen deshalb um ein nicht
gesetzeskonformes Reglement, weil es unter anderem gegen kantonales Recht verstösst. Auf Grund dieser Tatsache macht aus Sicht der beiden Verbände der Referendumsweg so keinen Sinn, da eine Volksabstimmung zudem auch noch viel Geld kostet – und von den Steuerzahlenden berappt wird. Entsprechend wird nun eine Beschwerde eingereicht, welche noch diese Woche dem Regierungsstatthalteramt von Thun zugestellt wird.
Mehrfach interveniert – ohne Erfolg
Der Verband Wirtschaft Thun Oberland und der Gewerbeverein Thuner KMU haben im Rahmen der Vernehmlassung als auch vor der Abstimmung im Parlament bei der Stadt – namentlich beim Gemeinderat – mehrfach auf die verdeckte Steuer hingewiesen und diesbezüglich interveniert. Festzuhalten gilt: Beide Organisationen unterstützen grundsätzlich und selbstverständlich Förderbeiträge zur Energieeffizienz. Hier besteht keinerlei Differenz zur Sichtweise der städtischen Regierung und des Parlaments. Aber dann muss diese Förderung verfassungs- und gesetzeskonform finanziert sein, nicht über eine neue Steuer. Denn die Thunerinnen und Thuner kommen bereits für Stromabgaben auf: Via Energie Thun AG, welche zu 100 Prozent der Stadt Thun gehört, fliessen jährlich nämlich 5 Mio. Franken direkt in die Stadtkasse. Genug Geld also, um damit einen Förderfonds zu speisen – da braucht es keine zusätzliche Stromgebühr.
Andere Schweizer Städte wie Zürich, St. Gallen und Chur – oder auch das Dorf Uetendorf bei Thun – haben die Einführung einer solchen Abgabe anders strukturiert, indem sie ihre Förderfonds via vorhandenes Geld aus den Einnahmen der jeweiligen Energiewerke speisen. Was natürlich auch in Thun möglich wäre. Mit dem neuen Förderreglement will die Stadt aber offenbar zusätzliches Geld generieren, für welche alle natürlichen und juristischen Personen aufkommen müssen – aber im Gegenzug kaum etwas zurückbekommen. Auch Mieterinnen und Mieter wären mit der neuen Steuer benachteiligt und würden de facto nicht wirklich von Fördermassnahmen profitieren. Damit sind die beiden Wirtschaftsverbände nicht einverstanden und lassen das Reglement nun via Statthalteramt auf dem Beschwerdeweg überprüfen.
(text:pd/bild:beo)