Thun tickt anders als andere Städte – Eine politische Spurensuche
Von Aarau bis Zürich – mittelgrosse und grosse Schweizer Städte sind in der Regel eher links dominiert. So zumindest sagt es das gängige Klischee. Nicht so die Stadt Thun. Sie wird eher bürgerlich dominiert. Die SVP stellt gar die grösste Stadtratsfraktion und hält im fünfköpfigen Gemeinderat – dank Proporzglück – die absolute Mehrheit. Dabei liegt Thun im Einflussbereich der linksten Stadt der Schweiz: Gerade mal 20 Minuten trennen das bürgerliche Thun vom linksgrünen Bern.
Warum das so ist, kann weder rechts noch links des politischen Spektrums beantworten. Der Thuner SVP-Präsident Valenton Borter wagt einen Erklärungsversuch. In Bern würden viele Verwaltungsangestellte der Stadt, des Kantons und des Bundes leben, so Borter, und die seien ja traditionellerweise eher keine SVP-Wähler:innen. In Thun wiederum gäbe es viele KMU und Unternehmerinnen und Unternehmer, die eher bürgerlich wählen würden. Ausserdem könnte auch die Nähe zum Oberland eine Rolle spielen, so Borter weiter.
Auch der Thuner SP-Präsident Timo Junger wagt einen Erklärungsversuch. Die Gründe seien wohl vielfältig, sagt er, sicher aufzulisten sei aber, dass Thun eine Militärstadt sei. Auch spüre man in Thun einen gewissen ländlichen Einfluss, sowohl von der Stadt selber, wie auch von den umliegenden Gemeinden. Das sei in grösseren Städten mit grossen Agglomerationen weniger der Fall. Thun sei vielleicht auch eine Stadt, die vielleicht noch etwas Dorf sein möchte, pflichtet Borter bei. Junger fügt noch an, dass es in Thun auch keine Ausbildungsmöglichkeiten auf der Tertiärstufe gebe. Tatsächlich sind die beiden wohl linkesten Städte der Schweiz, Bern und Fribourg, beide Universitätsstädte.
Den Unterschied zwischen Bern und Thun lässt sich auch an den Wähleranteilen der beiden Pol-Parteien SP und SVP aufzeigen. Bei den Nationalratswahlen 2023 holte die SVP in der Stadt Bern gerade mal neun Prozent der Stimmen, in Thun waren es deren 26. Die SP wiederum holte in Thun 21 Prozent, in Bern fast 38 Prozent.
Thun und Bern lassen sich aber nicht direkt vergleichen, gibt Junger zu bedenken. Das sieht auch Borter so und fügt an, dass die Städte Thun und Bern trotzdem gut miteinander funktionieren würden. Man sollte laut Borter auch nicht Gegensätze aufzeigen sondern eher, wie man gegenseitig voneinander profitieren könne.
(text:csc/bild:unsplash)