Syrien soll von Übergangsregierung geführt werden
Syrien bereitet sich nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad auf einen Machtwechsel vor. Das Land soll bis März 2025 von einer Übergangsregierung geführt werden. Der bisherige Regierungschef der Rebellenhochburg Idlib, Mohammed al-Baschir, führt diese nach eigenen Angaben an. Berichten zufolge studierte Al-Baschir Elektronikingenieurwesen und islamisches Recht. Er ist Anfang 40.
Von der nordwestlichen Provinz Idlib aus hatte die Islamistengruppe HTS ihre Offensive gestartet. Rebellen nahmen nach mehr als 13 Jahren Bürgerkrieg am Sonntag die Hauptstadt Damaskus ein. Präsident Assad, der seit Juli 2000 im Amt war, floh nach Russland.
Während in Damaskus die ersten Menschen wieder ihren Alltagsgeschäften nachgehen, warnen Hilfsorganisationen, dass die Gewalt im Land noch nicht beendet sei.
Reibungslose Übertragung der Regierungsgeschäfte geplant
Bei einem Treffen in Damaskus besprachen der Anführer der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), Ahmed al-Scharaa, der zuvor unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dschulani auftrat, sowie Minister der bislang amtierenden Regierung den Übergang. Beide Seiten streben Berichten zufolge eine reibungslose Übertragung der Verwaltungsgeschäfte an.
Angestellte der Zentralbank kehren zur Arbeit zurück
In einem ersten Schritt in Richtung Normalität sind Angestellte der syrischen Zentralbank Augenzeugen zufolge an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt. Anwohner beobachteten, wie die Mitarbeiter das Gebäude in der Hauptstadt Damaskus betraten.
Die Mitarbeiter der Zentralbank waren der Arbeit wohl angesichts der unsicheren Lage zunächst ferngeblieben. Am Sonntag hatten einige Menschen Augenzeugen zufolge die Hauptniederlassung der Zentralbank in Damaskus geplündert. Hilfsorganisationen warnten daraufhin, dass dies die Hilfe für das Land erschwere, da zuverlässige Geldtransfers nicht möglich seien.
Ministerien forderten ihre Mitarbeiter auf, wieder zur Arbeit zu gehen.
UN-Vermittler: Israel muss Angriffe in Syrien beenden
Der UN-Sondergesandte Geir Pedersen fordert Israel auf, seine Bodenoperationen und Bombenangriffe in Syrien einzustellen. Diese jüngsten Militäreinsätze seien „sehr beunruhigend“, erklärte der Syrien-Vermittler in Genf. „Das muss aufhören. Das ist äussert wichtig“, sagte er. Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat Israel laut Aktivisten seine bisher schwersten Angriffe in Syrien geflogen. Innerhalb weniger als zwölf Stunden habe Israel mehr als 100 Ziele im Land angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Pedersen wies darauf hin, dass sich die verschiedenen bewaffneten Gruppen in Syrien nach der Flucht Assads derzeit zwar gut koordinierten, aber dennoch nicht geeint seien. „Es ist wichtig, dass es nicht zu Konflikten zwischen diesen Gruppen kommt,“ sagte der norwegische UN-Diplomat.
Israel dementiert Berichte über israelische Panzer nahe Damaskus
Israel widersprach Berichten, wonach israelische Panzer auch nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus stehen sollen. Ein israelische Militärsprecher schrieb auf der Plattform X, Berichte über israelische Streitkräfte, die sich Damaskus näherten, seien „komplett falsch“.
Israelische Truppen befänden sich in der Pufferzone zwischen den von Israel besetzten Golanhöhen und Syrien und an „Verteidigungspunkten nahe der Grenze“, schrieb Sprecher Avichai Adraee. Ziel sei es, die Grenze zu Israel zu schützen. Ausläufer der Pufferzone liegen rund 50 Kilometer von Damaskus entfernt.
Israel hatte nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und der Übernahme der Kontrolle durch Rebellen Streitkräfte in die Pufferzone auf den besetzten Golanhöhen und anderen Orten verlegt, darunter auch auf der syrischen Seite des Berges Hermon. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte gesagt, es sei eine vorübergehende Massnahme, „bis eine passende Regelung gefunden ist“.
Kämpfe zwischen protürkischen Rebellen und Kurden
Protürkische Rebellen gehen weiter gegen kurdische Milizen vor. Nach schweren Gefechten haben sie die nordsyrische Stadt Manbidsch von Kurdenmilizen eingenommen, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Grossbritannien und Aktivisten der dpa bestätigten. Der Übernahme waren zweiwöchige Kämpfe vorausgegangen, parallel zum Vormarsch der von Islamisten angeführten Rebellenallianz Richtung Damaskus.
Die Türkei hält mit Unterstützung der aus mehreren Rebellengruppen bestehenden SNA Grenzgebiete in Nordsyrien besetzt. Die Türkei betrachtet die dort aktiven Kurdenmilizen als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation. Am Montagabend hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betont, dass er deren Präsenz an der Grenze zur Türkei nicht dulden werde.
(text:sda/bild:keystone)