Parlament will mit neuen Regeln Sicherheit um Asylzentren erhöhen
Das Parlament will nach Sicherheitsvorfällen in und um Bundesasylzentren handeln. Es hat verschiedene in der Praxis gelebte Disziplinarmassnahmen gesetzlich verankert. Zusätzlich sollen der Anwendungsbereich und die Instrumente der Behörden ausgeweitet werden.
Mit 38 zu 0 Stimmen sagte der Ständerat am Mittwoch als Zweitrat Ja zu verschiedenen Änderungen im Asylgesetz. Diese sollen die Sicherheit von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie von Mitarbeitenden in Bundesasylzentren sowie in Unterkünften an Flughäfen verbessern.
Basis der Reform sind Empfehlungen von alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer vom Herbst 2021. Zuvor waren Vorwürfe publik geworden, wonach private Sicherheitsleute in den Bundesasylzentren immer wieder Gewalt gegenüber Asylsuchenden angewendet haben sollen. Inzwischen ist in den Asylzentren des Bundes die Zahl von Aggressionen, Drohungen, Belästigungen und weiteren Vorfällen gesunken, wie der Bundesrat in der Botschaft zur Vorlage schreibt.
Trotzdem sollen im Asylgesetz künftig die wichtigsten Aufgaben des Staatssekretariats für Migration (SEM) in diesen Zentren und an den Flughäfen verankert werden, um klare Grundlagen zu schaffen. Dabei sollen jene Bereiche ausdrücklich genannt werden, in denen das SEM polizeilichen Zwang oder polizeiliche Massnahmen anwenden darf, um die Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.
Auch soll geregelt werden, wie die Kompetenzen im Sicherheitsbereich auf Sicherheitsdienstleister oder an die zuständigen kantonalen Polizeibehörden übertragen werden können. Beispielsweise soll die Möglichkeit der vorübergehenden Festhaltung einer Person während maximal zwei Stunden zur Abwehr einer ernsten und unmittelbaren Gefahr im Asylgesetz verankert werden.
Das Parlament folgte allen Vorschlägen des Bundesrats. In zwei Punkten gehen die Räte weiter. So wird die Zone um die Bundesasylzentren vergrössert, in der gegen Asylsuchende Disziplinarmassnahmen ergriffen werden können, wenn ihr Verhalten die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Zudem können SEM-Mitarbeitende künftig auch elektronische Geräte wie Handys von Asylsuchenden konfiszieren.
Der Ständerat beschloss weitere Verschärfungen. Demnach sollen renitente Asylsuchende nicht nur maximal 72 Stunden von den allgemein zugänglichen Räumen eines Bundesasylzentrums ausgeschlossen werden können, sondern bis zu zehn Tage. Dieser Entscheid fiel mit 25 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung.
Mathias Zopfi (Grüne/GL) sprach von „drakonischen Verschärfungen“, die nie Absicht gewesen seien des Erlasses. Laut den Gegnerinnen und Gegnern der Verschärfung ist dabei unklar, wie diese in der Praxis umgesetzt werden soll: Die meisten Asylzentren verfügten aktuell über keine dafür geeigneten Gebäudestrukturen. „Der Schuss geht nach hinten los, das funktioniert nicht“, gab Justizminister Beat Jans zu bedenken.
Ebenfalls gegen den Willen des Bundesrats und der Ratslinken schränkte die kleine Kammer mit 22 zu 19 Stimmen die Beschwerdemöglichkeiten von Asylsuchenden ein. Gemäss Beschluss des Ständerats können Betroffene nicht mehr beim Bundesverwaltungsgericht gegen die Zuweisung in ein besonderes Zentrum für renitente Asylsuchende Beschwerde erheben.
„Da gehen Sie ans Eingemachte“, warnte Bundesrat Jans. Der Zugang zu einem unabhängigen Gericht sei essenziell. Die Zuweisung in ein besonderes Zentrum ist laut Bundesverwaltungsgericht eine erhebliche Einschränkung der persönlichen und der Bewegungsfreiheit.
(text:sda/bild:keystone)