Nationalbank wenig besorgt wegen höherer Teuerung
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) macht sich wegen der markant gestiegenen Inflation keine grossen Sorgen und bestätigt ihre expansive Geldpolitik. Auch der stark aufgewertete Franken bereitet kaum Kopfschmerzen.
Die Teuerung ist in vielen Ländern in die Höhe geschossen. Zunächst haben die Lieferkettenprobleme die Inflation befeuert, oben drauf kamen dann die wegen des Ukraine-Krieg massiv gestiegenen Rohstoffpreise.
In der Schweiz zogen die Inflationsraten im Januar und Februar auf rund 2 Prozent an. Und die Schweizerische Nationalbank (SNB) geht davon aus, dass die Teuerung im gesamten ersten Quartal bei 2,2 Prozent zu liegen kommt und damit einen Höhepunkt erreicht, wie sie am Donnerstag anlässlich der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung bekannt gab.
Auch im zweiten Quartal sei nochmals mit einer Rate auf diesem Niveau zu rechnen, so die SNB, die damit ihre Vorhersagen vom Dezember markant nach oben revidierte. Im ersten Halbjahr wird die Teuerung in der Schweiz gemäss dieser Prognosen somit leicht über dem Niveau liegen, welches die SNB als gesund ansieht. Bekanntlich strebt sie eine Teuerung von höchstens 2 Prozent an.
Die Sorgen halten sich aber in Grenzen, wie die geldpolitischen Entscheide vom Donnerstag zeigen. Die SNB tastet die Zinsen nicht an und führt damit ihre expansive Geldpolitik fort. Konkret belässt sie ihren Leitzins sowie den Zins auf Sichtguthaben bei -0,75 Prozent.
Der Grund für die Sorglosigkeit von SNB-Präsident Thomas Jordan & Co ist, dass sie die erhöhte Inflation auch weiterhin als ein vorübergehendes Phänomen sehen. Sie werde sich in der zweiten Jahreshälfte 2022 allmählich zurückbilden und im Verlauf des Jahres 2023 wieder auf unter 1 Prozent sinken.
Die SNB ist damit in einer komfortableren Ausgangslage als andere Notenbanken, die ihre Zinsen zum Teil schon angehoben haben. Diese sehen sich mit wesentlich höheren Inflationsraten konfrontiert.
Hierzulande hingegen federt nicht zuletzt der massiv aufgewertete Schweizer Franken den Schock ab, weil der Preisanstieg der importierten Güter so nicht voll durchgereicht wird.
Diese Aufwertung geschah denn auch bis zu einem gewissen Grad mit Billigung der SNB, die sich in früheren Jahren mit Devisenkäufen vehementer gegen eine Aufwertung der heimischen Währung gestemmt hatte. Und auch hier kommt die Inflation ins Spiel. So nannte die SNB in ihrem Communiqué bezüglich der Bereitschaft zu Devisenmarktinterventionen erstmals auch explizit den „Inflationsunterschied zum Ausland“ als Kriterium.
„Die Inflation bei unseren wichtigsten Handelspartnern lag zuletzt deutlich höher als in der Schweiz“, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan. Die SNB habe daher ein „gewisses Mass“ an nominaler Aufwertung zugelassen. Der reale Wechselkurs hingegen sei stabil geblieben.
Gleichwohl bezeichnet die Notenbank den Franken nach wie vor als hoch bewertet. Und sie will ihn auch weiterhin notfalls mit Devisenmarktinterventionen schwächen, wobei Jordan dafür aber keine Schmerzgrenze nennen wollte.
Auch wenn die Geldpolitik vorläufig so bleibt, wie sie ist, gibt es laut Experten dennoch Anzeichen für eine Veränderung in absehbarer Zeit. So sehen manche Ökonomen den Warnhinweis der SNB, es bestehe ein gewisses Risiko für eine länger erhöhte Inflation, als ersten Hinweis für eine restriktivere Haltung.
Mit einer Zinserhöhung wird aber grösstenteils erst 2023 gerechnet, im Nachgang zum ersten Schritt der EZB. „Diese Zinserhöhung dürfte die SNB aber nicht wegen Inflationssorgen machen, sondern weil ein EZB-Schritt der Nationalbank die Möglichkeit gibt sich vom derzeit extrem tiefen Zinsniveau zu lösen“, meint UBS-Experte Alessandro Bee.
SNB-Chef Jordan bestritt am Donnerstag allerdings eine Abhängigkeit von den Entscheiden der EZB. „Wir sind unabhängig“, sagte er – wollte sich aber bei der Terminierung des ersten Zinsschrittes naturgemäss nicht in die Karten blicken lassen.
(text:sda/bild:unsplash)