24 September 2024

Ja, wir können uns Bergdörfer leisten

Im Rahmen der heftigen Unwetter im Wallis, Graubünden, Tessin und Berner Oberland stellte die Denkfabrik Avenir Suisse die Frage in den Raum, ob sich die Schweiz Berggebiete noch leisten kann bzw. ob man Bergdörfer bedingungslos schützen soll oder Teile davon gar aufgeben. SRF hatte für Dienstag eine Diskussionssendung zum Thema „Können wir uns Bergdörfer künftig noch leisten'“ geplant, welche sie aber aufgrund er aktuellen Lage in Nahost verschob.

Die Diskussion stelle die falsche Frage, erklärt der Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), Thomas Egger, im Interview mit Radio BeO. Das sei eine völlig unnötige Provokation, so Egger und entgegnet auch etwas provokativ:  Sollte wieder einmal das Berner Mattequartier überschwemmt werde, frage auch niemand, ob man die Städte aufgeben müsse – genausowenig wie bei den Hitzetoten, die in den Städten deutlich häufiger sind, als in den meist kühleren Bergregionen.

Auch die Frage, ob man sich diesen Schutz „leisten“ könne, sei verfehlt: Man könne das nicht betriebswirtschaftlich betrachten. Die Bergdörfer und die Berggebiete allgemein hätten schliesslich einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Sie seien Durchgangsachsen, Tourismuszentren, Erholungsräume, seien wichtig für die Energieproduktion, die landwirtschaftliche, aber auch die industrielle Produktion. Und dazu brauche es Menschen, die dort wohnen und arbeiten und dieses Gebiet letztlich pflegen würden. Da zeige sich die teilweise falsche Aussensicht, gerade aus urbanen Gebieten, auf die Berggebiete. Für die Menschen die hier wohnen würden, seien die Berggebiete Lebensraum und Arbeitsraum. In den Städen – und das würden Umfragen belegen – würden die Berggebiete etwas plakativ gesagt, als Naturreservate und Erholungsräume. Da fehle etwas das Verständnis.

Warum also die Frage, ob man sich die Berggebiete noch leisten könne? Das dürfte auch etwas mit den Bundesfinanzen zusammenhängen, mutmasst Egger. Da sei ein Verteilkampf entbrannt und er könne sich durchaus vorstellen, dass es gewollt ist, Regionen gegeneinander auszuspielen. Aber punkto Schutzmassnahmen in der Bergen ist für Egger auch klar: Jede Massnahme die hier gebaut werde, seien es Schutzwälder oder Hochwasserschutzanlagen, diene letztlich auch den Gebieten, die weiter unten liegen, und zwar bis nach Bern, Basel, Zürich und das angrenzende Ausland. Die Frage nach dem sich leisten können, sei also hinfällig. Von den Schutzmassnahmen in den Bergern würden schliesslich alle profitieren.

Dazu komme, dass von den Unwettern im Sommer auch touristische Hotspots wie Brienz, Saas Fee und Zermatt betroffen waren, genauso wie wichtige Verkehrsadern wie die Autobahn durch das Misox und niemand käme hier ernsthaft auf die Idee, diese Regionen zu entvölkern.

(text:csc/bild:hka)