
IWF: Trump bremst Weltwirtschaft aus
Der Internationale Währungsfonds rechnet angesichts der aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump mit einer globalen Wachstumsflaute. Die Weltwirtschaft soll mit 2,8 Prozent deutlich langsamer wachsen als noch im Januar prognostiziert (minus 0,5 Prozentpunkte). Die Weltwirtschaft werde auf eine „harte Probe“ gestellt, schreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas mit Blick auf die Handelsstreitigkeiten. Es handle sich um eine „neue Ära“, das globale Wirtschaftssystem werde neu justiert.
Das Wirtschaftswachstum im Euroraum soll in diesem Jahr im Vergleich zur Januarprognose um 0,2 Prozentpunkte auf 0,8 Prozent sinken. Als Gründe nennt der IWF vor allem Unsicherheit und Zölle. Im Jahr 2026 soll das Wachstum im Euroraum bei 1,2?Prozent liegen (minus 0,2 Prozentpunkte). Für den Aufschwung sorgen demnach steigender Konsum durch reale Lohnzuwächse und mehr finanzpolitische Spielräume in Deutschland mit Blick auf die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung.
Der IWF betont, dass die globale Konjunkturprognose unter „besonderen Umständen“ erstellt worden sei. Hintergrund ist das heftige Zollpaket, dass Trump am 2. April angekündigt hat und sowohl universelle als auch mittlerweile vorläufig ausgesetzte wechselseitige Zölle vorsieht. Die zu diesem Zeitpunkt fast abgeschlossenen Prognosen hätten über Bord geworfen werden müssen, so der Fonds. „Obwohl viele der geplanten Zollerhöhungen vorerst auf Eis gelegt wurden, hat die Kombination von Massnahmen und Gegenmassnahmen die Zollsätze in den USA und weltweit auf ein Jahrhunderthoch getrieben.“
Die Weltwirtschaft habe sich während der schweren Schocks der vergangenen vier Jahre als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen und trage immer noch erhebliche Narben davon, heisst es. Nun bestehe die Gefahr, dass die Handelsspannungen durch Vergeltungsmassnahmen weiter zunehmen, auch die Inflation könnte wieder angeheizt werden. Die Unsicherheit belaste das Wachstum. Der Fonds hat angesichts der komplexen Situation neben seiner zentralen Vorhersage, der sogenannten Referenzprognose, noch zwei weitere Vorhersagen vorgelegt.
Die Referenzprognose berücksichtigt alle Zollankündigungen bis zum 4. April. Demnach wächst die Weltwirtschaft dieses Jahr um eben 2,8 Prozent und im kommenden Jahr um 3 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte). Im Jahr 2024 lag das Wachstum noch bei geschätzt 3,3 Prozent. Eine Prognose, die nur Zollankündigungen bis zum 12. März berücksichtigt – darunter eine erste Welle von US-Strafmassnahmen gegen China, Kanada und Mexiko oder auch US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte – sieht das Wachstum in diesem und im kommenden Jahr bei 3,2 Prozent.
Eine modellgestützte Prognose, die auch Zollankündigungen nach dem 4. April wie die Pause bei wechselseitigen Zöllen in den Blick nimmt, sieht das Weltwirtschaftswachstum in diesem Jahr bei etwa 2,8 Prozent und für 2026 bei etwa 2,9 Prozent. Dies entspreche in etwa den Schätzungen für das globale Wachstum in der Referenzprognose, wenn auch mit einer anderen Zusammensetzung der Wachstumsraten in den einzelnen Ländern, so der Bericht. Keine der Prognosen sagt eine Rezession voraus. Die einzelnen Länderprognosen beziehen sich auf die Referenzprognose.
1. USA: Der Fonds hat die Prognose für die grösste Volkswirtschaft der Welt deutlich nach unten korrigiert. In diesem Jahr soll das BIP um 1,8 Prozent wachsen (minus 0,9 Prozentpunkte), im kommenden um 1,7 (minus 0,4 Prozentpunkte). „Die Abwärtskorrektur ist das Ergebnis grösserer politischer Unsicherheit, Handelsspannungen und eines schwächeren Nachfrageausblicks angesichts eines langsamer als erwarteten Konsumwachstums“, so der IWF. Zu Jahresbeginn sei die Stimmung bei Verbrauchern, Unternehmen und Investoren noch optimistisch gewesen, das habe sich geändert.
2. China: Auch bei der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt sieht der IWF Korrekturbedarf nach unten. So soll Chinas Wirtschaft sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr um 4 Prozent wachsen (minus 0,6 Prozentpunkte/minus 0,5 Prozentpunkte). Neben der Schwäche des Immobiliensektors wird Chinas Wirtschaft dem IWF zufolge vor allem vom Handelsstreit mit den USA schwer belastet.
3. Russland: Dort verliert das Wachstum im Vergleich zum vergangenen Jahr an Dynamik. Für dieses Jahr sagt der IWF 1,5 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte) voraus, 2026 sollen es 0,9 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte sein). Als Gründe nennt der Fonds, dass der private Konsum und Investitionen nachliessen. Das Lohnwachstum verlangsame sich.Das macht dem IWF Sorgen Der IWF schaut mit grosser Besorgnis auf die Handelspolitik. Eine Verschärfung des Handelskonflikts würde sich negativ auf das Wachstum der Weltwirtschaft auswirken, wenngleich einzelne Länder unterschiedlich getroffen würden. „Diejenigen, auf die die neuen Zölle direkt abzielen, wären am stärksten betroffen, vor allem China und die Vereinigten Staaten, aber mittelfristig auch eine grosse Anzahl von Ländern in Asien und Europa“, so der IWF.
Anders als im vorigen Jahrhundert sei die Weltwirtschaft heute wirtschaftlich und finanziell eng verflochten. Eine Auflösung dieser Lieferketten und Finanzströme könne grosse wirtschaftliche Verwerfungen zur Folge haben. Die Verringerung des Wettbewerbs führe ausserdem dazu, dass es weniger Anreize für Innovation gebe. Generell rechnet der Fonds aufgrund der Zölle mit einem Rückgang der Gesamtproduktivität, was wiederum zu höheren Produktionskosten und Preisen führt.
So hat der Fonds auch seine Vorhersage für die Inflationsrate nach oben korrigiert. In den Industrienationen soll sie 2025 im Schnitt bei 2,5 Prozent (plus 0,4 Prozentpunkte) und im kommenden Jahr bei 2,2 Prozent (plus 0,2 Prozentpunkte) liegen. Zentralbanken streben in der Regel 2 Prozent an. Mit Blick auf die Konjunktur hält der Fonds fest: „Wenn die Länder ihre derzeitige Zollpolitik deeskalieren und sich abstimmen, um für Klarheit und Stabilität in der Handelspolitik zu sorgen, könnten sich die Aussichten sofort aufhellen.“
(text:sda/bild:keystone-archivbild)