19 August 2024

Unwetter: Die Leerung des Sammlers Milibach wird weitergeführt

Am frühen Montagabend (12.8.) zog ein heftiges Unwetter über das Berner Oberland. Besonders in der Region Interlaken und Brienz kam es zu Starkregen, Hagel und hoher Blitzaktivität.

Der Mühlebach in Brienz sorgte nach einem Gewitter für grosse Schäden. Gebäude und Infrastrukturen wie die Bahnlinie wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Region Aenderdorf ist weiterhin gesperrt.

Nach dem Unwetter sind in Brienz sechs Häuser einsturzgefährdet. Rund 30 weitere sind beschädigt, aber nicht einsturzgefährdet, wie der Brienzer Gemeinderatspräsident Peter Zumbrunn am Freitag vor Ort sagte.

Am Mittwochabend hatte das Regionale Führungsorgan RFO Brienz bekannt gegeben, dass die «Rote Zone» verkleinert worden sein (siehe Karte) und somit erste evakuierte Personen in ihre Häuser zurückkehren könnten.

Am Freitag beschloss das RFO, die «Rote Zone» erneut auszudenen. Betroffene seien persönlich informiert und bis 13:00 Uhr Freitag Mittag von der Feuerwehr evakuiert worden. Grund für die erneute Ausdehnung sind die unsicheren Wettervorhersagen für das Wochenende.

Das Betreten der «roten Zone» ist nach wie vor verboten.

Die Gemeinde hat für Betroffene ein Spendenkonto eingerichtet.

Am Montag 19. August wurde die Leerung des Sammlers Milibach weitergeführt, was bedeutet, dass regelmässig Schwerverkehr durch den westlichen Dorfteil von Brienz unterwegs war. Der Naturgefahrenberater des RFO Oberer Brienzersee, Daniel Grossmann, hat für morgen Montag zwei Geologen aufgeboten, die das Einzugsgebiet „Milibach“ nach den Regenfällen vom Wochenende beurteilen werden. Aufgrund deren Empfehlung wird das weitere Vorgehen bezüglich Kantonsstrasse, als auch des Sicherheitskonzeptes, weiter diskutiert werden.

Vom Samstag auf den Sonntag fiel weniger Regen als prognostiziert. Der Milibach blieb die ganze Nacht über im neu geschaffenen, provisorischen Gerinne. Das heisst: Die letzte Woche ausgearbeiteten, baulichen Sofortmassnahmen funktionieren und garantieren eine gewisse Sicherheit für den Dorfteil rund um den Milibach. Laut Naturgefahrenberater kann das System noch mehr Wasser fassen, weshalb ein ruhiger Sonntag erwartet wird.

Trotzdem beobachten drei Wachposten den Milibach vor Ort 24/7; die bauliche Piquée-Organisation ist auf Stand-By. Gleichzeitig wurde beschlossen, heute Sonntag die baulichen Massnahmen vor Ort für heute Sonntag auszusetzen. Ziel: Die Bauleute sollen sich nach einer Woche Dauereinsatz erholen und Energie tanken für die weiter andauernden Aufräumarbeiten.

Evakuierte können für 15 Minuten in ihre Häuser – Durchführung von Bauarbeiten in der Sperrzone

Evakuierte aus Brienz können am Samstagnachmittag ihre Häuser während 15 Minuten in Begleitung der Feuerwehr besichtigen. Wegen des anhaltenden Regens war die Häuser-Begehung am Morgen zunächst abgesagt worden.

„Wir haben ein Zeitfenster gefunden, in dem der Niederschlag gering genug ist. Das nutzen wir“, sagte Sandra Baumgartner vom regionalen Führungsorgan (RFO) Oberer Brienzersee. Betreten werden dürfen nach Angaben des RFO nur von den Statikern freigegebene und so gekennzeichnete Gebäude.

Die Lage rund um den Milibach sei unter Kontrolle, hiess es vom RFO Oberer Brienzersee. Bis am Sonntagabend ist allerdings Dauerregen prognostiziert.

Über 150 Freiwillige stünden übers Wochenende in Brienz im Einsatz, hiess es. Mit Maschinen werde das Gerinne im Bach freigeschaufelt und Schwachpunkte des provisorischen Schutzsystems ausgeglichen. Im Moment fliesse viel Wasser im Milibach, welches das Feinmaterial vom entstandenen Gerinne kontrolliert in den See spüle. Auch Lamm-, Glyssi- und Trachtbach stünden unter Beobachtung.

Am vergangenen Montag hatte ein Unwetter das Dorf im Berner Oberland schwer getroffen. Rund 70 Personen wurden evakuiert. Einzelne Bewohnerinnen und Bewohner konnten im Verlauf der Woche wieder in ihre Häuser zurück. Sechs Häuser sind aber einsturzgefährdet, wie am Freitag bekanntgegeben wurde. Der Schutt im überfluteten Ortsteil Aenderdorf liegt rund fünf Meter hoch.

Aufräumarbeiten in Brienz in vollem Gang

Nach dem verheerenden Unwetter vom Montagabend sind in Brienz die Aufräumarbeiten weiterhin im Gang. Für alle Evakuierten konnten unterdessen private Unterkünfte gefunden werden.

Die Solidarität im Dorf sei gross, sagte Gemeinderatspräsdient Peter Zumbrunn am Mittwochnachmittag vor den Medien. Es werde längerfristige Unterkunftslösungen brauchen, denn viele Häuser im Schadensgebiet seien stark zerstört. „Wir reden hier nicht von Tagen oder Wochen, sondern von Monaten“, sagte Zumbrunn.

Betroffene konnten am Mittwoch begleitet in ihre Häuser, um das Nötigste zu holen, etwa dringend benötigte Medikamente. Dies sei möglich, solange das Wetter dies zulasse, führte Zumbrunn aus. Die Sicherheit gehe natürlich vor.

Derweil gehen die Räumungsarbeiten voran. Die grossen Achsen sollten bis am Freitagabend wieder frei sein. Die Hauptstrasse wird laut Zumbrunn sicher bis am Sonntag noch geschlossen bleiben, die Bahnstrecke länger.

Im Mühlebach, der am Montag über die Ufer ging, haben sich zahlreiche grosse Felsbrocken verkeilt. „Wir haben 30-Tonnen-Bagger vor Ort, die bringen die Brocken nicht raus“, berichtete der Gemeinderatspräsident. Sie müssten nun wohl durch Sprengungen zerkleinert werden.

Das Bachgerinne sei aber soweit freigelegt, dass das Wasser abfliessen könne. Bei stärkeren Regenfällen werde es durch eine Gasse geleitet oder schlimmstenfalls wieder durch den Bahntunnel Richtung Bahnhof. Im Osten wurde ein Damm aufgeschüttet, um den angrenzenden Dorfteil vor allfälligen Überflutungen zu schützen.

In Brienz gingen in den letzten Stunden zahlreiche Hilfsangebote ein, viele auch von Privatpersonen. Letztere könne man in rund zehn Tagen einsetzen, sagte Zumbrunn. Aktuell habe die grobe Räumung mit schweren Maschinen Priorität und da brauche es Fachpersonal.

Die RFO  informiert auf der Webseite der Gemeinde (Link) fortlaufend.


(bild:zvg/rfo brienz)

So sieht die Verkehrslage im Oberland aus

Radio BeO-Hörer*innen berichteten von Überschwemmungen beim Bahnhof, die Fahrbahn der Zentralbahn stand zwischen Brienz und Brienz West komplett unter Wasser. Die Zentralbahn sagte am Montagabend gegenüber Radio BeO, dass die Situation analysiere und mit erheblichen Schäden an der Bahninfrastruktur rechne. Der Unterbruch werde wohl mehrere Tage dauern, hiess es am Montag zunächst. Schäden an Passagieren oder Rollmaterial seien keine bekannt.

Die Aufräumarbeiten werden voraussichtlich mehrere Wochen dauern, schreibt die Zentralbahn am Dienstagabend. Der Bahnverkehr zwischen Brienz und Interlaken werde folglich wochenlang unterbrochen sein. Ein Bahnersatz ist eingerichtet. Der Bahnhof Oberried sowie Ebligen und Brienz West werden nicht bedient. Reisende von Interlaken nach Luzern werden gebeten, über Bern auszuweichen.

(Bild:zvg/zentralbahn)

Die Schiffanlegestelle Brienz kann vorübergehend nicht bedient werden, auch die Verkaufsstelle bleibt bis auf weiteres geschlossen.

Der Bahnverkehr von Interlaken Richtung Spiez war aufgrund Sturmschäden komplett unterbrochen. Die BLS hat am Montagabend ein Schiff organisiert um Reisende von Interlaken nach Thun zu bringen. Ab Dienstag fuhren die Züge zwischen Interlaken und Spiez wieder weitestgehend normal.

Der Strassenverkehr war ebenfalls vom Unwetter betroffen. Zeitweise war die A8 zwischen Brienzwiler und Gnoll gesperrt, ebenso die Hauptstrasse zwischen Frutigen und dem Autoverlad in Kandersteg. In Därligen war die Hauptstrasse von Interlaken bis Mittwoch morgen gesperrt.

(bild:zvg/astra)

Am Montag waren die Hauptstrasse zwischen Zweilütschinen und Grindelwald sowie die Hauptstrasse zwischen Bönigen und Iseltwald gesperrt. Laut Hörern ebenfalls die Kantonsstrasse zwischen Unterseen und Beatenberg. Grindelwald war auch am Dienstag morgen noch von der Aussenwelt abgeschnitten.

Die Kantonsstrasse zwischen Zweilütschinen und Grindelwald war ab Mittwochaben wieder in beiden Richtungen uneingeschränkt befahrbar. Während des Unwetters war die Strasse im Bereich des Chienbachs auf einer Länge von rund 80 Metern mit Geröll verschüttet worden. Die Schicht sei teilweise bis zu 4 Meter hoch gewesen, schreibt der Kanton in einer Mitteilung, insgesamt habe das Tiefbauamt rund 3’000 Kubikmeter Material geräumt, was einem Volumen von rund 200 Lastwagen entspreche. Die Kantonsstrasse konnte bereits am Dienstagabend vorerst einspurig und mit wechselseitiger Verkehrsführung wieder geöffnet werden.

(bild:zvg/jungfraubahnen)

Die BOB-Strecke zwischen Zweisimmen und Grindelwald wird ab Freitag wieder geöffnet sein. Die Strecke war beim Unwetter über- und unterschwemmt worden. Auch die Staldenbrücke wurde beschädigt und miste stabiliesert werden. An Gleis und Fahrleitung entstanden Schäden durch das viele Wasser und umgestürzte Bäume. Ab Dienstag Abend war ein ein Bahnersatz eingerichtet worden.

Update folgt…

(text:csc,ogr,sda,pd/bild:nch)

(video: roman steiner, interlaken)

(video: hörer, brienz)