15 Januar 2022

Grüne wollen Europadossier neuen Schub verleihen

Die Grünen wollen die Blockade in der Europafrage lösen. Am Samstag verabschiedeten die Delegierten eine Resolution, die den Bundesrat dazu bringen soll, seine „Arbeitsverweigerung“ zu beenden. Parteipräsident Balthasar Glättli kritisierte, vorausschauende Politik sei „nicht die Kernkompetenz des Bundesrats“.

Die Grünen wollen Bewegung in die Europa-, Klima- und Gesundheitspolitik bringen. Zwei entsprechende Resolutionen verabschiedeten sie am Samstag an ihrer virtuellen Delegiertenversammlung. Glättli sagte in seiner Präsidialrede, weder Klimaerwärmung noch die Erosion der europäischen Beziehungen „gehen weg, wenn wir die Augen zumachen“.

Die Grünen richteten den Blick lieber auf das Potenzial, das eine konstruktive Kooperation in und mit Europa biete, und nicht auf „ein falsches Zerrbild von Brüssel als bösen Gessler, das so nicht mehr stimmt“. Die von den Delegierten nach einlässlicher Diskussionen verabschiedete Resolution will, dass der Bundesrat zurück an den Verhandlungstisch mit der EU geht.

Sie will zudem eine Grundsatzdebatte anstossen über den Platz der Schweiz in Europa. Die offene progressive Schweiz müsse die Diskurshoheit zurückgewinnen, die man 30 Jahre der SVP überlassen habe. Das Verhältnis mit Europa bestehe aus mehr als nur dem Freihandel. Viele aktuelle Herausforderungen könnten nur grenzüberschreitend gelöst werden.

In der Diskussion zeigte sich allerdings, dass die Grünen in der Europafrage keine homogene Gruppe sind. Einzelne Kritiker bemängelten etwa ein Demokratiedefizit, Zentralismus und eine aggressive Politik Europas in der Flüchtlingsfrage. Andere orteten in der Resolution eine „gewisse Mutlosigkeit“. So müsse man namentlich das Fernziel eines EU-Beitritts wieder salonfähig machen.

Letztlich stimmten die Delegierten der Resolution aber ohne grössere Abänderungen mit 134 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu. Glättli freute sich über den „erhofften Rückenwind“. Nun könnten die Grünen Partner suchen für ein eventuelles künftiges proeuropäisches Initiativprojekt.

Zweites Schwerpunktthema an der Delegiertenversammlung der Grünen war die Gesundheit. Hitzewellen, Dürren und die Gefährdung der Biodiversität bedrohten die öffentliche Gesundheit fundamentaler und viel langfristiger als jede Pandemie, sagte Glättli. Die Klima- und Biodiversitätskrise sei auf lange Sicht auch eine wahre Gesundheitskrise.

Deshalb brauche es einen Green New Deal, der das Klima schütze, die Biodiversität stärke und die Menschen auf diesen Weg mitnehme. Die entsprechende Resolution fand ebenfalls eine klare Mehrheit bei den Delegierten.

Schliesslich fasste die Versammlung auch noch die Parolen zu den vier eidgenössischen Abstimmungsvorlagen vom 13. Februar. Mit 94 zu 18 Stimmen bei 9 Enthaltungen beschlossen die Delegierten die Nein-Parole zur Volksinitiative für die Abschaffung von Tierversuchen.

Mit 103 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen ebenfalls Nein sagen die Grünen zur Abschaffung der Stempelabgabe.

Jeweils eine Ja-Empfehlung gab es zur Volksinitiative zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (114 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen) und zum Massnahmenpaket zu Gunsten der Medien (113 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung).

(text:sda/bild:unsplash)