Forschende sehen SRG nicht in Konkurrenz zu Privaten
Die SRG ist laut einer Studie der Universität Zürich keine Konkurrenz für private Medien. Nutzerinnen und Nutzer der SRG würden häufig auch private Medien konsumieren, heisst es im Jahrbuch Qualität der Medien. Das Reichweitenproblem aufgrund der Konkurrenz der Tech-Plattformen sowie die fehlende Zahlungsbereitschaft im Onlinebereich setzen allen untersuchten Titeln und Plattformen zu.
61 Prozent der SRG-Nutzerinnen und -Nutzer konsumierten auch private Medien, wie das Forschungszentrum für Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) am Montag mitteilte. Hingegen täten dies nur 38 Prozent der Personen, die keine SRG-Informationssendungen konsumieren. Auch Pendler- und Boulevardmedien würden kanalübergreifend von SRG-Nutzerinnen und -Nutzern deutlich häufiger konsumiert, als von Nichtnutzerinnen und -Nutzern.
Dasselbe gilt laut der Studie auch für den Onlinebereich. Nur rund vier Prozent aller Befragten konsumierten ausschliesslich Online-News der SRG. Deutlich weniger also als der Anteil der Befragten, der online ausschliesslich Pendler- und Boulevardmedien (26 Prozent) oder ausschliesslich Abonnementmedien (8 Prozent) nutzt.
„Die öffentlich-rechtlichen Medien regen offenbar zu weiterem Nachrichtenkonsum an“, sagte Linards Udris, stellvertretender Forschungsleiter am Fög, an der Medienkonferenz vom Montag. Die Studie zeige „eher eine komplementäre, ergänzende Nutzung“, anstatt eine Verdrängung privater Medien. „Die Verdrängungsthese greift nicht“, sagte auch Fög-Direktor Mark Eisenegger.
Private wie auch öffentlich-rechtliche Medien erreichen allerdings immer weniger Menschen: Die Zahl der sogenannten News-Deprivierten ist in der Schweiz auf rekordhohe 46 Prozent angestiegen. Die Qualität der Medien sei zwar insgesamt gut, doch sie hätten ein Reichweitenproblem. News-Deprivierte nutzten Medien am ehesten auf Social Media, so Forschungsleiter Udris.
Wegen der angespannten finanziellen Lage komme es zudem zu einer inhaltlichen Medienkonzentration, heisst es im Jahrbuch weiter. So würden in der Regionalberichterstattung Beiträge immer häufiger mehrfach verwendet. Das Fög erachtet einen weiteren Verlust an Vielfalt auf lokaler und regionaler Ebene wegen weniger tagesaktuellen Informationsangeboten als problematisch.
Das Fög empfiehlt eine ausgebaute Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Medien. Dies, um den Tech-Plattformen entgegenzutreten, die einen Grossteil der Onlinewerbung abschöpften. Diese seien die grösste Herausforderung für alle Medien – öffentlich-rechtliche wie auch private, so Fög-Direktor Eisenegger.
Vor allem im Onlinebereich hapert es auch an der Zahlungsbereitschaft: 57 Prozent der Befragten gaben an, nichts zahlen zu wollen. Weitere 35 Prozent wären bereit, weniger als 10 Franken im Monat zu zahlen.
Der Median bei Online-Abonnementen liegt laut der Studie jedoch bei 18 Franken pro Monat. Ein statistischer Zusammenhang zwischen der Nutzung bestimmter Medientypen und der Zahlungsbereitschaft wurde indes nicht festgestellt.
Ob für Onlinenachrichten bezahlt werde oder nicht, hänge vielmehr mit den Einstellungen und soziodemografischen Merkmalen der Befragten zusammen. Männer und jüngere Menschen würden eher zahlen. Und wer sich stark für Nachrichten und Politik interessiere, sei eher bereit, Geld für digitale Nachrichtenangebote auszugeben.
Am meisten Befragte vertrauen gemäss Fög den Nachrichtensendungen der SRG mit 7 Punkten auf einer Skala bis 10. Dahinter folgen Le Temps und NZZ mit 6,8 und 6,6 Punkten. Am anderen Ende liegt der Blick mit 5 Punkten, gleichauf mit GMX und Yahoo News.
Die höchste Qualität attestiert das Fög auf einer Skala bis 10 Punkten den Sendungen von Radio und Fernsehen von SRF mit 7,7 und 7,5 Punkten. Platz 1 belegt das „Echo der Zeit“ mit 8,1 Punkten vor dem „Rendez-vous“ mit 7,9. Das Privatfernsehen liegt mit 6,4 Punkten gleichauf mit den Online-Abonnementzeitungen.
Boulevard- und Pendlerzeitungen nehmen mit 4,6 und 5 Punkten die letzten Plätze ein. Die Studie erwartet aber langfristige Verbesserungen im Bereich Relevanz und Vielfalt, da mehr Hardnews veröffentlicht würden. Dies sei publizistischen Veränderungen zu verdanken, die mehr auf Qualität setzten.
Auch zeigt die Studie, dass die Bevölkerung dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus nach wie vor skeptisch gegenübersteht. Fast drei Viertel der Schweizerinnen und Schweizer schätzen die Risiken von KI im Journalismus als hoch ein, höher noch als in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie Politik oder Militär.
Je mehr KI direkt in den journalistischen Output eingreift, etwa in die Text- oder Bildproduktion, desto grösser ist laut der Studie die Skepsis. Dies dürfte laut dem stellvertretenden Fög-Forschungsleiter Daniel Vogler auch ein Grund dafür sein, wieso Schweizerinnen und Schweizer nicht dazu bereit sind, KI-generierte Nachrichten zu nutzen. Der Einsatz von KI für Übersetzungen, Datenanalysen oder Recherchen wird aber mehrheitlich befürwortet.
Das Jahrbuch der Medien erscheint seit 2010. Das Ziel ist laut Fög, eine Diskussion über die Qualität der Medien zu vertiefen und das Bewusstsein für die Leistungen des Informationsjournalismus in der Gesellschaft zu fördern. Untersucht werden jeweils alle Mediengattungen, von Presse über Radio und Fernsehen bis hin zu Online und Social Media. Datengrundlage ist der Digital News Report des Reuters Institute der Universität Oxford.
(text:sda/bild:csc)