9 August 2024

Ehemann wegen Mordes an seiner Frau zu 20 Jahren verurteilt

Ein heute 38-jähriger Mann ist am Freitag in einem Indizienprozess in Bern des Mordes an seiner Frau schuldig gesprochen worden. Das Gericht verhängte eine 20-jährige Freiheitsstrafe. Der Verteidiger des Angeklagten kündigte umgehend Berufung an.

„Die Indizienlast ist erdrückend“ hatte zuvor Gerichtspräsident Marko Cesarov bei der Begründung des Urteils gesagt. Der Angeklagte, ein gläubiger Christ und Anhänger einer Freikirche, habe eine aussereheliche Beziehung gehabt. Anstatt reinen Tisch zu machen und dabei sein Gesicht zu verlieren, habe er einen Suizid seiner Ehefrau vorgetäuscht.

Damit hätten sich seine Probleme auf elegante Art auf einen Schlag lösen sollen, bilanzierte der Gerichtspräsident. Das Regionalgericht Bern-Mittelland stützte sich unter anderem auf Aussagen eines Zeugen, wonach der Mann sich beim Auffinden der Leiche merkwürdig verhalten habe – ganz so, als hätte er gewusst, dass er im Schlafzimmer der ehelichen Wohnung seine tote Frau finden würde.

Kein Zufall sei auch, dass der Angeklagte kurz vor der Tat im Internet Informationen zum Beruhigungsmittel Dormicum und zum Erwürgen von Menschen gesucht habe, hielt das Gericht fest. Der Angeklagte gab an, als Rettungssanitäter in Ausbildung aus beruflichen Gründen recherchiert zu haben. Auch das Handy des Opfers verschwand zur Tatzeit und konnte nie mehr gefunden werden.

Am Tattag habe der Mann alles unternommen, um falsche Spuren zu legen. So habe er Arbeitskollegen berichtet, er habe Angst, dass sich seine psychisch angeschlagene Frau etwas antun könnte. Am späteren Nachmittag ging er dann mit einem Arbeitskollegen in die eheliche Wohnung, wo die Frau leblos mit Kabelbindern um den Hals im Bett lag.

Gegen einen Suizid der Frau sprächen nicht zuletzt die von ihr fast gänzlich fehlenden DNA-Spuren auf der Aussenseite der Kabelbinder, kam das Gericht zum Schluss. Hätte sie selber diese zugezogen, hätte man Spurenmaterial finden müssen, lautete der Schluss der Richterinnen und Richter. Hinweise auf eine Dritttäterschaft gebe es auch keine.

Die Frau sei psychisch angeschlagen gewesen und habe sich deshalb das Leben genommen, hatte der Verteidiger des Angeklagten in seinem Plädoyer ausgeführt. Sein Mandant sei von allen Anschuldigungen freizusprechen. Der Angeklagte selber hatte vor Gericht ebenfalls seine Unschuld beteuert.

Die Staatsanwaltschaft sah es hingegen als erwiesen an, dass der Angeklagte im Dezember 2022 seine Frau in der gemeinsamen Wohnung in Kehrsatz BE das Beruhigungsmittel Dormicum verabreicht hatte und sie dann im Schlaf erdrosselte. Der Angeklagte müsse wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren verurteilt werden, forderte die Anklage.

Mit seinem Urteil ging das Regionalgericht Bern-Mittelland über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Der Angeklagte selber nahm das Urteil unter Tränen zur Kenntnis. Immer wieder schüttelte er den Kopf. Im Gerichtssaal waren zahlreiche Angehörige von Opfer und Täter anwesend. Viele liessen ihren Tränen freien Lauf.

Dass das Urteil just am Geburtstag des Opfers verkündet wurde, sei Zufall, erklärte der Gerichtspräsident. Nach Bekanntgabe des Urteils kündigte der Verteidiger postwendend Berufung an. Er hatte unter anderem auch die aus seiner Sicht äusserst suggestiven Befragungen des Angeklagten durch die Polizei kritisiert.

(text:sda/bild:unsplash)