Burgergemeiden blasen zur Charmeoffensive
Am 14. September öffnen diverse Burgergemeinden unter dem Mottp „Tag für alle“ ihre Türen und ermöglichen Interessierten einen Blick in ihr Schaffen und Wirken, darunter mit Waldrundgängen wie beispielsweise in Thun, aber auch mit Besichtigungen von histrischen Gebäuden oder Konzerten. Böse Zungen würden von einer Charmeoffensive einer aus der Zeit gefallenen Institution sprechen.
Tatsächlich haftet vielen Burgergemeinden etwas Archaisches, gar Adeliges an, als wären sie bei den Revolutionen im 19. und im frühen 20. Jahrhundert schlicht vergessen gegangen. Schliesslich wird man Burgergemeinden grundsätzlich hineingeboren. Ihnen wird nachgesagt, dass sie viel Geld und unter der Hand viel Einfluss auf die Politik hätten. Und sie seien konservative Altherrenklubs.
Solche Verallgemeinerungen weist die Burgerpräsidentin von Interlaken, Sandra Zwahlen, im Gespräch mit Radio BeO zurück. Natürlich gäbe es gut betuchte Burgergemeinden, aber eben auch solche, die sich auflösen müssten, weil sie schlicht kein Geld mehr haben. Die Spannweite sei gross.
Die Burgergemeinde Bern steht dabei sicher am oberen Ende der Spannweite. Diese hat eine eigene Bank, verwaltet ein Immobilienportfolio mit Mietobjekten, Altstadthäusern und Grossüberbauungen. Sie verwaltet weiter rund 40 Bauernbetriebe und die Sankt-Petersinsel im Bielersee. Sie besitzt das Casino Bern, das Burgerspital beim Bahnhof und das Naturhistorische Museum und 3600 Hektaren Wald.
Dagegen ist die Burgergemeinde Thun etwas bescheidener unterwegs: Traditionellerweise trage die dem Wald nachhaltig Sorge. Die Burgergemeinde Thun besitze rund 455 Hektaren Wald in verschiedenen Gemeinden. Dazu käme Landwirtschaftsland, welches preisgünstig verpachtet werde sowie Alters- und Pflegeheime und Alterswohnungen. Auch die Burgergemeinde besitzt Wohnungen, etwas über deren fünfzig, so Zwahlen. Damit stelle die Burgergemeinde günstigen Wohnraum zur Verfügung, was in Interlaken keine Selbstverständlichkeit sei. Und Airbnb werde es bei der Burgergemeinde sicher nicht geben.
Die Burgergemeinde Thun gehört auch zu den lediglich fünf kantonalbernischen Burgergemeinden, welche eigene Sozialdienste betreibt und damit Einwohnergemeinde und Kanton und so letztlich die Allgemeinheit entlaste, so Lüthi.
Dass aber Burgergemeinden etwas Archaisches anhafte, weist Zwahlen nicht von der Hand. In eine Gemeinschaft hineingeboren zu werden habe per se etwas archaisches, aber es gehe dann auch darum, was damit gemacht werde. Die Burgergemeinden würden auch für die Allgemeinheit etwas leisten, nicht nur bei Wohnungen, Land oder Wald oder im Sozialen, sondern auch bei der Unterstützung im kulturellen oder sportlichen Bereich.
Und aus der Erb-Struktur ergibt sich auch ein Vorteil, den sowohl Zwahlen wie auch Lüthi unabhängig voneinander beinahe wortgetreu nennen: Burgergemeinden denken langfristig und über Generationen und würden damit eine gewisse Kontinuität sicherstellen. Das sei vielleicht auch ein Vorteil gegenüber Einwohnergemeinden: Die Politik denke oft in Legislaturen und damit deutlich kurzfristiger.
Wer mehr über das Schaffen der Burgergemeinden erfahren möchte, hat also am Samstag Gelegenheit dazu. Das Programm dazu gibt es hier.
(text:csc/bild:unsplash)