Bundesgericht prüft erneute Abstimmung zum Frauenrentenalter
Das Bundesgericht entscheidet am Donnerstag in öffentlicher Beratung über eine Wiederholung des Urnengangs zur Erhöhung des Frauenrentenalters. Das Volk hatte diesem am 25. September 2022 knapp zugestimmt. Laut der Beschwerde erfolgte dies aufgrund falscher Zahlen.
Damit habe die Stimmbevölkerung nicht in Kenntnis der Sachlage entschieden, heisst es in den Abstimmungsbeschwerden der Grünen und der SP Frauen. Die im Abstimmungsbüchlein genannten Zahlen würden auf der falschen Ausgabenprognose für die AHV basieren und seien somit irreführend gewesen.
Die Parteien verlangen die Streichung des knappen Resultats von 50,6 Prozent Zustimmung zur Vorlage AHV 21 und eine Wiederholung des Urnengangs.
Die falsche Prognose war nach Ansicht der Beschwerdeführer ausschlaggebend dafür, dass die Bevölkerung der Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre zustimmte. Die allzu pessimistisch wiedergegebenen Zahlen hätten die Frauen damit ein Jahr Rente gekostet.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hatte am 6. August mitgeteilt, die Finanzperspektiven der AHV falsch berechnet zu haben. Das führte zu einer unzutreffend hohen Prognose der Ausgaben. Diese Angaben fanden sich sowohl in den Abstimmungsunterlagen für den September 2022 als auch in jenen für die Abstimmung über die 13. AHV-Rente vom 5. März dieses Jahres.
In der Folge mussten nach der Abstimmung die AHV-Ausgaben für das Jahr 2033 um vier Milliarden Franken nach unten korrigiert werden. Nach genauerem Nachrechnen blieb noch eine Korrektur von 2,5 Milliarden nach unten. Plötzlich stand die AHV finanziell besser da, als in den Abstimmungsunterlagen dargestellt.
Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider leitete nach Bekanntwerden des Berechnungsfehlers eine Administrativuntersuchung ein. Der Untersuchungsbericht hält fest, dass den überhöhten Zahlen für die AHV-Finanzperspektive kein Rechenfehler zugrunde lag. Vielmehr hätten zwei Funktionen die AHV-Ausgaben im extern validierten Berechnungsprogramm für die AHV-Finanzperspektive nach oben getrieben und so in der langfristigen Perspektive von über zehn Jahren zu unplausiblen Prognosen geführt.
BSV-Direktor Stéphane Rossini wird Ende Juni 2025 zurücktreten. Der ehemalige Walliser SP-Nationalrat hatte Ende 2019 sein Amt angetreten.
An der öffentlichen Beratung der ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts in Lausanne nehmen am Donnerstag zwei Ersatzrichterinnen teil. Das Gremium besteht in seiner normalen Zusammensetzung nur aus Männern. Das Bundesgerichts-Reglement sieht aber vor, dass „Mitglieder beider Geschlechter dem Spruchkörper angehören, wenn die Art des Rechtsstreits dies zu rechtfertigen scheint“.
(text:sda/bild:keystone)