1 Juli 2023

Britisches Brüder-Märchen zum Tour-Auftakt

Die Stars Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard zeigen bei der Tour de France gleich bei erster Gelegenheit, dass sie in Topform sind. Weil das Duo nach dem letzten Anstieg nicht zufährt, heisst in Bilbao der Sieger der 1. Etappe Adam Yates.

Nicht die hochgelobten Allrounder und Klassiker-Spezialisten Wout van Aert, Mathieu van der Poel und Julian Alaphilippe, auch nicht die Tour-Favoriten Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard, sondern mit Adam Yates vielmehr ein Edelhelfer (von Pogacar) schnappte sich beim Tour-Auftakt im spanischen Baskenland den Tagessieg und das erste Maillot jaune der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt.

Hauptkonkurrent um beides – und das macht die Geschichte erst recht speziell – war dabei sein Zwillingsbruder Simon Yates. Während dieser 2019 schon zweimal eine Etappe der Tour de France für sich entscheiden konnte, war der Tagessieg für Adam Yates der erste bei einer grossen Rundfahrt. Der 30-jährige Brite distanzierte nach 182 km seinen Bruder auf der ansteigenden Zielgeraden um vier Sekunden.

Das Duo, das von 2014 bis 2020 für das gleiche Team fuhr, ehe Adam zu Ineos und auf dieses Jahr hin zum Team UAE Emirates wechselte, hatte sich rund 9 km vor dem Ziel in der Abfahrt von der Côte de Pike, dem letzten Anstieg des Tages, von den wenigen verbliebenen Konkurrenten abgesetzt.

Schnellster im Sprint der zwölf Sekunden zurückliegenden ersten Verfolgergruppe war Adam Yates Teamkollege Tadej Pogacar. Der Slowene, 2020 und 2021 Gewinner der Frankreich-Rundfahrt und letztes Jahr Gesamtzweiter, sicherte sich damit vier Sekunden Bonifikation – und freute sich darüber sichtlich. Der erste richtige Härtetest nach dem bei Lüttich-Bastogne-Lüttich erlittenen Bruch des linken Kahnbeins war mehr als erfolgreich.

Jonas Vingegaard erreichte Bilbao wie sein Landsmann und Tour-de-Suisse-Sieger Mattias Skjelmose und der Belgier Wout van Aert in der gleichen Gruppe wie Pogacar. Der dänische Vorjahressieger bestand dabei den ersten Test ebenfalls. An der 2 km langen und durchschnittlich 10 Prozent steilen Côte de Pike konnte Vingegaard die Temposteigerung seines Hauptkonkurrenten um den Gesamtsieg mitgehen.

Mit dem Spanier Enric Mas und dem Ecuadorianer Richard Carapaz mussten zwei starke Fahrer nach Stürzen bereits zum Tour-Auftakt ihre Hoffnungen auf eine gute Klassierung in der Gesamtwertung begraben. Während Olympiasieger Carapaz das Ziel unter sichtlichen Schmerzen und mit mehr als 15 Minuten Rückstand erreichte, musste Mas, der Leader des Teams Movistar und letztjährige Zweite der Spanien-Rundfahrt, die Rundfahrt bereits aufgeben.

Silvan Dillier, neben Stefan Küng der einzige Schweizer Fahrer an der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt, war am ersten Tag während vielen Kilometern an der Spitze des Feldes zu sehen. Der 32-jährige Aargauer leistete Nachführarbeit für seinen Alpecin-Teamkollegen Mathieu van der Poel.

Doch der Niederländer musste sich in Bilbao nach 182 sehr hügeligen Kilometern mit dem 37. Rang begnügen. Küng erreichte Bilbao als 100. mit gut elf Minuten Rückstand auf die Spitze. Dillier (154.), der nach getaner Arbeit auf den verbleibenden Kilometern aktive Erholung betrieb, kam knapp 17 Minuten nach dem Sieger ins Ziel.

Die 2. Etappe am Sonntag, die ebenfalls im spanischen Baskenland über 208,9 km von Vitoria-Gasteiz nach San Sebastian führt, dürfte ebenfalls ein Fall für die starken Klassiker-Spezialisten sein. Zu absolvieren sind wie tags zuvor fünf Bergwertungen. Der letzte Anstieg, der Jaizkibel gut 16 km vor dem Ziel, ist den Fahrern vom Eintagesrennen Clasica San Sebastian bekannt.

(text:sda/bild:keystone)