14 Juni 2024

Bieler Laienprediger Abu Ramadan entgeht der Landesverweisung

Der frühere Bieler Laienprediger Abu Ramadan muss die Schweiz doch nicht verlassen. Das hat das Berner Obergericht am Freitag in zweiter Instanz entschieden.

Zwar wurde der 70-jährige Libyer erneut wegen mehrfachen Sozialhilfe-Betrugs und wegen Rassendiskriminierung verurteilt, diesmal zu einer bedingten Geldstrafe von 140 Tagessätzen à 30 Franken. Die Vorinstanz hatte noch eine bedingte Freiheitsstrafe und eine Landesverweisung ausgesprochen.

Das Obergericht bestätigte aber nur einen Teil der Schuldsprüche wegen Betrugs. Und diese betreffen Fälle bis und mit Mai 2015.

Die obligatorische Landesverweisung bei Sozialhilfe-Betrug trat erst auf Oktober 2016 in Kraft. „Wir dürfen daher keine Landesverweisung aussprechen“, sagte der Gerichtspräsident bei der Urteilsbegründung.

Verurteilt wurde der Mann, der sich Abu Ramadan nennt, in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Organisator von Pilgerreisen. Ob er damit Geld verdient hat, bleibt offen. Der Mann gab an, alles ehrenamtlich gemacht zu haben.

Trifft dies zu, hat er auf ein mögliches Einkommen verzichtet. Das hätte er dem Sozialdienst melden müssen, genau wie allfällige Einkünfte.

Der Beschuldigte habe seine Pflichten gekannt, sagte der Gerichtspräsident. In etlichen Fällen hob das Obergericht aber den Schuldspruch auf, weil es sich aufgrund der dokumentierten Geldflüsse bestenfalls um zu lange zurückliegende, geringfügige Betrugsfälle gehandelt haben könnte.

Ins Rollen kam der Fall im Sommer 2017. Die Sendung „Rundschau“ des Schweizer Fernsehens hatte damals Ausschnitte einer Freitagspredigt in einer Bieler Moschee gezeigt.

Dabei hat sich der Mann auch nach Überzeugung des Obergerichts der Rassendiskriminierung schuldig gemacht. Er habe verschiedene Gruppen – darunter Juden, Christen und Hindus – pauschal herabgesetzt. Abu Ramadan habe eine rote Linie überschritten und sei sich dessen als erfahrener Laienprediger auch bewusst gewesen.

Das letzte Wort in dem Fall ist wohl noch nicht gesprochen: Die Verteidigerin kündigte gegenüber Medienschaffenden an, sie werde das Urteil weiterziehen.

Die Staatsanwaltschaft hatte vergeblich eine vollumfängliche Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils verlangt. Sie wolle nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und erst nach einer sorgfältigen Analyse über das weitere Vorgehen entscheiden, sagte Staatsanwältin Céline Fuchs der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

(text:sda/bild:keystone)