15 Dezember 2021

AHV-Reform ist parlamentarisch unter Dach und Fach

Das Parlament hat die Beratung über die AHV-Reform abgeschlossen. Für Frauen wird das Rentenalter von 64 auf 65 Jahre erhöht. Zudem wird die Mehrwertsteuer angehoben. Mit dem Resultat sind linke Kreise aber nicht zufrieden. Sie haben das Referendum angekündigt.

Die AHV-Reform steht. Mit dieser sollen die Renten für die nächsten Jahre gesichert werden. Wegen der Alterung der Bevölkerung benötigt die AHV bis 2030 26 Milliarden Franken. In den vergangenen Jahren sind alle Bemühungen, die AHV zu sanieren, gescheitert – die letzte Reform fand 1997 statt. Doch auch dieses Mal ist die Ablehnung linker Kreise klar, und das Referendum steht im Raum.

Die nun parlamentarisch unter Dach und Fach gebrachte Reform kombiniert ein ganzes Bündel von Massnahmen. Das Rentenalter für Frauen wird von 64 auf 65 erhöht. Neun Frauenjahrgängen, die von dieser Erhöhung betroffen sind, wird die Anhebung kompensiert. Falls die Reform im Jahr 2023 in Kraft tritt, sind das Frauen der Jahrgänge 1960 bis 1968.

Das Rentenalter der Frauen wird in Schritten von drei Monaten pro Jahr angehoben. Durch diese Massnahme sollen innerhalb von zehn Jahren zehn Milliarden Franken gespart werden können.

Die neun Jahrgänge der Frauen erhalten den Ausgleich auf ihre Rente lebenslang. Sie können ihre Rente ab dem regulären Rentenalter beziehen und erhalten einen Zuschlag, oder sie können die Rente vorbeziehen und haben einen kürzeren Kürzungssatz als die nicht betroffenen Frauen. Die beiden Massnahmen können nicht kumuliert werden. Zudem wird eine Abstufung entsprechend des Einkommens angewandt.

Die Zuschläge bei regulärem Bezug belaufen sich auf 160 Franken für Frauen mit einem Einkommen bis 57’360 Franken, hundert Franken für ein Einkommen zwischen 57’360 Franken und 71’700 Franken und fünfzig Franken für ein Einkommen ab 71’701 Franken.

Zuletzt offen war die Frage, ob diese Zuschläge bei der Berechnung von allfälligen Ergänzungsleistungen hinzugerechnet werden müssen. Dadurch wäre der Zuschlag bei den Frauen mit kleineren Einkommen wieder eliminiert worden. Die Einigungskonferenz schlug vor, dem Antrag des Nationalrats zu folgen, wonach er nicht angerechnet werden soll, damit die Ergänzungsleistung nicht gekürzt wird.

Nach dem Ständerat folgte auch der Nationalrat der Einigungskonferenz. Der Entscheid fiel in der kleinen Kammer mit 31 zu 10 Stimmen bei drei Enthaltungen und in der grossen Kammer mit 121 zu 61 Stimmen.

Die Frauen können die Rente auch vorbeziehen – frühestens ab 62 Jahren. In diesem Fall werden die Renten gekürzt, allerdings in geringerem Mass als bisher.

Beim Vorbezug gilt: Je früher die Frauen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, desto stärker werden sie dafür mit Rentenkürzungen „bestraft“. Möglich ist ein Vorbezug frühestens ab 62 Jahren.

Frauen in der tiefsten Lohnklasse können weiterhin ein Jahr früher in Pension gehen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Wenn sie zwei Jahre früher pensioniert werden wollen, wird die Rente um zwei Prozent gekürzt und bei drei Jahren drei Prozent.

Für Frauen mit mittleren Einkommen wird die Rente um 2,5 Prozent bei 64 Jahren, 4,5 Prozent bei 63 Jahren und 6,5 Prozent bei 62 Jahren gekürzt. Für Gutverdienerinnen gelten Kürzungssätze von drei Prozent bei einem Jahr Vorbezug, 6,5 Prozent bei zwei Jahren und 10,5 Prozent bei drei Jahren.

Die Auszahlung des Zuschlags erfolgt in den ersten drei Jahren progressiv. Im vierten und fünften gibt es den vollen Zuschlag. In den nächsten vier Jahren sinkt der Zuschlag wieder. Ab dem zehnten Jahr gibt es keinen Zuschlag mehr. Das Parlament beschloss zudem, dass der Zuschlag ausserhalb des AHV-Rentensystems gewährt wird. Er unterliegt daher nicht der Rentenobergrenze für verheiratete Frauen.

Dieses Kompensationsmodell wird von 2024 bis 2032 Kosten in Höhe von rund 3,252 Milliarden Franken verursachen. Dies entspricht etwa einem Drittel der Einsparungen, die durch die Erhöhung des Rentenalters erzielt werden. Um diese Ausgleichsmassnahmen zu finanzieren, wird die Mehrwertsteuer von heute 7,7 Prozent um 0,4 Prozentpunkte angehoben. Diese Massnahme soll etwa 1,4 Milliarden Franken pro Jahr einbringen.

Umstritten war die Frage, ob der Gewinn der Schweizerischen Nationalbank aus den Negativzinsen zur Finanzierung der AHV verwendet werden soll. Das Parlament sprach sich schliesslich wegen der Unabhängigkeit der Bank dagegen aus.

Vertreterinnen und Vertreter der Linken kritisieren die Anhebung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Die AHV werde auf dem Buckel der Frauen stabilisiert, hiess es etwa. SP und Grüne wollen das Gesetz am Freitag in der Schlussabstimmung ablehnen und das Referendum ergreifen.

Diese Reform der AHV ist der erste Teil der Reform der Altersvorsorge. In dieser Wintersession hat das Parlament auch den zweiten Teil in Angriff genommen, nämlich die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG). Auch hier streiten sich Linke und Rechte über die Kompensationen.

(text:sda/bild:pexels)