19 Dezember 2024

Fünf Jahre nach Stilllegung des Kernkraftwerkes Mühleberg – was passiert mit dem Areal?

Die BKW will das Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks Mühleberg auch nach dem Rückbau für die Energieversorgung nutzen. Langfristig ist sogar ein neues Grosskraftwerk denkbar.

Eine blosse Umwandlung des Areals in eine grüne Wiese wäre nicht zielführend, sagte BKW-Chef Robert Itschner am Donnerstag an einem Medienanlass in Mühleberg anlässlich des fünften Jahrestags der Stilllegung des Atommeilers. Den Standort gelte es zu erhalten, im Interesse der BKW und insbesondere im Interesse der Schweizer Versorgungssicherheit.

Orte mit dieser Art Standortqualität gebe es in der Schweiz wenige, sagte er weiter. Das Areal sei gross, mit dem Wasserkraftwerk Mühleberg gebe es bereits Stromproduktion vor Ort, und der Standort sei an das überregionale Hochspannungsnetz angebunden.

Noch bis Ende 2027 hat die BKW Zeit, beim Bundesamt für Energie (BFE) ein Gesuch für die Nachnutzung einzureichen. Bis dahin müsse geklärt werden, ob der AKW-Standort tatsächlich weiter für die Energieversorgung genutzt werden oder eben doch eine grüne Wiese entstehen soll. Die BKW führe dazu jetzt Konsultationsgespräche mit dem Kanton Bern, dem Mehrheitseigner des Unternehmens, und auch der Dialog mit den Behörden starte jetzt.

Verschiedene Optionen für eine weitere Nutzung will die BKW prüfen. Mittelfristig wäre ihr zufolge zum Beispiel ein Batteriespeicher zur Stabilisierung des Stromnetzes möglich, allenfalls in Kombination mit einem Rechenzentrum. Längerfristig – über die Energiestrategie 2050 des Bundes hinaus – seien in Mühleberg weitere Optionen wie etwa CO2-arme Grosskraftwerke denkbar.

Mit Blick auf die langfristige Stromversorgung in der Schweiz wird innerhalb der Energiebranche und Politik immer wieder über den Bau von Winter-Reservekraftwerken diskutiert. Etwa CO2-arme Gaskraftwerke, die mit erneuerbarem Gas betrieben werden können, sollen dann im Notfall idealerweise nur wenige Tage laufen. Aber auch der Neubau von Atomkraftwerken ist ein Thema: Bundesrat Albert Rösti will das AKW-Bauverbot in der Schweiz kippen und hat eine entsprechende Vorlage angekündigt.

Itschner sagte in Bezug auf Mühleberg, er denke an ein Grosskraftwerk „vielleicht mit Technologien, die heute noch nicht in der Reife sind“, aber es werden könnten. Dabei schloss der BKW-Chef weder ein Gaskraftwerk noch erneut Atomkraft als Produktionstechnologie aus.

„Hätten wir bis dahin ‚grünes Gas‘, dann würde sich die Diskussion anbieten,“ so der CEO. Bei der Atomkraft müsse sich erst zeigen, welche neuen Technologien in diesem Bereich langfristig möglich würden. Auch wäre allenfalls noch ein politischer Prozess zu bewältigen.

Auch Wasserstoffproduktion wäre Itschner zufolge eine Option: Mit dem Wasserkraftwerk habe Mühleberg im Sommer viel konstant produzierten Strom – so genannte Bandenergie -, der im Sommer bei einer in der Regel gleichzeitig hohen Solarproduktion nicht so viele Abnehmer findet.

Das Kernkraftwerk Mühleberg wurde am 20. Dezember 2019 nach 47 Betriebsjahren stillgelegt. Das Aus hatte vor allem betriebswirtschaftliche Gründe: Das damalige BKW-Management unter der früheren Chefin Suzanne Thoma entschied, dass der Meiler zu wenig Profit abwirft, als dass sich die – nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima – geforderten Aufrüstungen gelohnt hätten. Für einen Weiterbetrieb hätte man schätzungsweise zehnmal so viel investieren müssen wie für eine Bewilligung bis 2019.

Heute arbeiten immer noch wie bei der Abschaltung rund 300 Mitarbeiter für das Kernkraftwerk Mühleberg. Sie sind nun für den Rückbau verantwortlich. Dieser sei sowohl zeitlich als auch finanziell auf Kurs, hiess es vom AKW am Donnerstag. Die BKW rechnet für die Kosten des Rückbaus inklusive der Entsorgungskosten bis 2034 weiterhin – wie vor der Abschaltung – mit rund 1 Milliarde Franken.

Dauern wird der Rückbau insgesamt 15 Jahre. Erst ab 2034 rechnet die BKW damit, dass das Gelände wieder genutzt werden kann. Seit Anfang September 2023 sei das Kernkraftwerk aber bereits „kernbrennstofffrei“. Die ausgedienten Brennelemente wurden ins Zwischenlager nach Würenlingen abtransportiert.

(text:sda,jkä/bild:keystone, peter klaunze)